Alles anders in Coronazeiten. Da wird aus einem schönen 3-Tages-Gestütsweg plötzlich ein 100-Meiler!
Ups, was mache ich? Na mitmachen! Ich muss mich mit meiner neuen Stute Safiza noch „einfuchsen“. Es gibt noch ein paar Baustellen. Sie ist fit für die lange Strecke. Wie ich das durchhalte, bleibt abzuwarten.
Ich nenne 119 km, man kann vorher in der Wertung beenden. Sehr beruhigend. Da ich einen langen Ritt brauche, visiere ich die 94 km an.
Ich weiß, dass ich im Gegensatz zu Ritten mit meinem alten Pferd fertig sein werde. Zum Glück sagt meine Trosserin zu. Ich kann also zwischendurch einfach mal ausruhen.
Dann der nächste Schrecken. Start um 5 Uhr. Da ist es im September dunkel! Einmal bin ich die Heide gestartet und der Ritt im Dunkeln war die Hölle für mich. Ohje, es werden wohl ca. 1 ½ Stunden im Dunkeln. Ich kontaktiere eine versierte Heidereiterin und sie sagt zu, mit mir zu starten. Puh, etwas Erleichterung. Uns schließt sich noch eine Reiterin an. Mal sehen, wie das klappt. Safiza lief bisher am entspanntesten, wenn wir nur zu zweit waren.
Dann ist es soweit. Start im Dunkeln. Die vorderen Reiter haben Stirnlampen an. Ich lasse die Lampe aus, da das Licht vorne irritiert. Safiza will voran. Ich sehe nichts und schon traben wir alle. Da waren ganz schöne Matschlöcher, als ich den Anfang gestern im Hellen geritten bin. Ich merke nichts, Safiza läuft sicher. Ich muss allerdings dauerbremsen.
Nach 4 km kommen wir nochmal am Camp vorbei. Ich bin komplett durchgeschwitzt und am Verdursten. Anhalten klappt aber nicht so richtig.
Im weiteren Verlauf komme ich nach vorne. Super! Ich kann die Stirnlampe einschalten und sehe endlich was! Ich entspanne etwas. Die Pferde laufen flott voran. Die Ermahnung kommt von hinten: das Tempo ist zu hoch! Also wieder bremsen. Da ich hier schon öfter geritten bin, sind mir wenigstens die Wege vertraut.
Irgendwann dämmert es – hurra. Meine Trosserin versorgt auch mich mit ausreichend Flüssigkeit. Langsam macht es Spaß, nur Safiza will weiter gebremst werden. Wir haben ja noch einige Kilometer vor uns.
Die erste Pause nach 34 km ist im Camp. Ich ziehe trockene Sachen an. Völliger Schwachsinn. Sind auch gleich wieder durchgeschwitzt.
Weiter geht es bis 54 km. Ich bin aufgrund des Dauerbremsens schon etwas erschöpft. Safiza ist nicht bereit, Schritt zu gehen, wenn andere schneller im Schritt gehen. Also trippeln wir. Anstrengend. Beim Tierarzt ist aber alles gut und wir dürfen weiter.
Die Runde bis 74 km ist etwas tricky. Wir finden den Weg. Ein schmaler kurviger Pfad im Wald ist nicht so unbedingt trabgeeignet. Ich bin grad vorne und kann auch mal Schritt reiten. Kurze Erholung.
Meine beiden Mitreiterinnen hören bei 74 km in der Wertung auf.
Safiza sieht gut aus, ich reite alleine weiter. Sie läuft fröhlich los und ich muss nicht mehr bremsen! Wie schön. Ich reite nun entspannt. Kann jetzt auch mal galoppieren – super. Vorher sind wir nicht galoppiert, weil es für das eine Pferd zu schnell gewesen wäre. Am langsamen Galopp müssen wir noch arbeiten.
Einmal habe ich gerade durchpariert, als rechts Kühe auftauchen. Ein Glück. Kürzlich war ich deswegen im Graben gelandet. Im Schritt komme ich gut an den Kühen vorbei.
Ich entscheide, wie geplant bei 94 km in der Wertung zu beenden. Vielleicht könnten wir es noch gemütlich bis 119 km schaffen, aber man muss es ja nicht übertreiben. Es geht uns beiden gut und so soll es auch bleiben.
Also mache ich einen schönen Galopp in mein Ziel bei 94 km. Und überrasche alle, weil ich schon da bin. Sah wohl schön aus, der Zielgalopp. Leider war grad keiner fotobereit. Egal. Das Feeling reicht!
Wir müssen noch durch die Nachuntersuchung. Alles gut! Ich freue mich – wir haben es wirklich geschafft. Der erste lange Ritt mit Safiza!

Und dann sind da noch die drei Verrückten, die unbedingt die 100 Meilen reiten wollen.
Ich bin zwar müde und würde mich gerne hinlegen, aber das muss ja nun begleitet werden.
Die letzten zwei Runden müssen sie im Dunkeln reiten. Wie furchtbar. Aber sie sind unverzagt. Werden von ihren Trossern weiter gut um- und versorgt.
Irgendwann nach 22 Uhr kommen sie dann alle drei ins Ziel. Fast alle haben gewartet. Der Jubel ist groß. Wir begleiten die Nachuntersuchung. Alle sind in der Wertung. Super! Tolle Pferde! Tapfere Reiterinnen!
Verrückt, was Leute so machen!

Ach ja: Wölfen ist keiner begegnet. Ob sie uns im Dunkeln beobachtet haben? Wer weiß.

Mein Fazit:
Trotz all meiner Sorgen eine tolle Ritterfahrung!
Wenn ich es schaffe, Safiza ruhiger und ausgeglichener zu reiten, können wir uns an die 120 km wagen. Im Winter ist einiges zu tun!

Und als Erinnerung gab es eine wunderschöne Plakette!

Bericht erstellt von Heike Davideit.