Infos zu Pulswerten

Pulswerte – eine wichtige Informationsquelle

Was sind Pulswerte, Pulswertgrenzen?
Eine magische Zahl? Nein, sie sind Richtwerte um herauszufinden, ob das Pferd nach Anstrengung sich erholt hat.
Während der 60-Jahre hat sich aus Erfahrung der Pulsgrenzwert 64 innerhalb von 20 oder 30 Minuten als Richtwert erwiesen. Dieser Wert hat sich seit dem bestätigt. Gelegentlich, bei schweren Wetterverhältnissen oder bestimmten Wettbewerben, wird der Pulsgrenzwert auf 60 oder 56 gesenkt.

 

Wie misst man Puls?
Am Besten mit der flachen Hand oder mit einem Stethoskop hinter dem linken Ellbogen, aber dies muss man trainieren. Man kann auch den Puls am Kieferrand oder an der Schweifrübe fühlen.
Bei langen Ritten oder auch zum Training kann man ein Pulsmessgerät benutzen – aber dieses misst nur den Herzschlag und sagt nichts über die Qualität des Pulses oder Herzschlages aus. Der Herzschlag hat 2 Töne, die sich grob als “Lub”-”Dup” anhört und diese Töne misst man als einen Schlag – unerfahrene Leute haben Schwierigkeiten dabei und zählen doppelt. Bei unerfahrenen Pulsmessern kann es manchmal zu sehr hohen Pulswerten kommen; also üben.
Am Besten misst man den Herzschlag über 15 Sekunden lang und multipliziert diese Zahl mit 4 – das ergibt den Herz-/Pulsschlag pro Minute (z.B. 8 Schläge/15 Sek. x 4 = 32 Schläge/Minute). Bei einem unruhigen Pferd erst mal abhören und dann messen – Pferde können sich innerhalb 15 Sekunden beruhigen, häufig kann man eine fallende Tendenz erkennen. In schwierigen Fällen oder auch direkt nach einer Anstrengung sollte man 30 Sekunden oder eine ganze Minute messen. Um Erfahrung zu sammeln sollte man das Pulsmessen beim stehenden Pferd in Ruhe üben, dann aber auch direkt nach Anstrengung und noch mal 5 oder 10 Minuten später, um zu sehen, ob sich das Pferd und der Pulswert erholt haben.

 

Laufwerte und Regeneration
Je nach Tempo sind die Pulswerte unterschiedlich. Der Ruhepuls liegt bei 28 – 44 Pulsschlägen pro Minute, beim Renngalopp sind die Pulswerte zwischen 220 – 240 pro Minute (s. unten).
Die Erholungszeiten und Erholungswerte sind ganz wichtig. Ein Pferd, das beim Eingang in eine Kontrolle z.B. einen Pulswert von 80 hat und innerhalb von 5 Minuten auf 64 kommt, hat sich gut erholt. Ein Pferd, das mit 68 in eine Kontrolle kommt und nach 15 Minuten immer noch 64 hat, erholt sich nicht gut (das ist ein Zeichen, dass das Pferd nicht ausreichend trainiert ist). Hier sollte der Pulswert bei 44/48 liegen.

 

Herzfrequenz bei verschiedenen Gangarten
Stand: 40 (24-48)
Schritt (ca. 6km/h): 80
Trab (ca. 14km/h): 120
Trab (ca. 18km/h): 140
Galopp (ca. 20 km/h): 160
Galopp (ca. 30km/h): 200
Galopp (ca. 48km/h – 60km/h): 200-250

Bei gut trainierten Pferden fallen die Pulswerte rapide ab, d.h. dass innerhalb von 3 – 4 Minuten ist der Pulswert auf 64. Pferde, die mehr als 15 Minuten nach Eingangszeit 64 haben, haben Schwierigkeiten zu regenerieren. Pferde, deren Pulswert mehr als 15 Minuten nach Eingangszeit 64 Schläge pro Minute beträgt, haben oft Konditionsprobleme oder sogar metabolische Probleme und das ist der Grund, dass nach VDD-Reglement Pferde eliminiert werden, die nach 20 Minuten noch einen Pulswert von über 64 haben.
Um die Pulswerte zu senken, werden die Pferde mit Wasser abgekühlt – hier bitte nur Hals, Beine und den Unterbauch mit Wasser kühlen. Hier geht es um Temperaturregulation beim Pferd, wenn Energie produziert wird, wird auch Hitze ein Beiprodukt. Diese Hitze muss durch das Kühlen abgeleitet werden, denn wenn ein Pferd überhitzt ist, sind die Pulswerte höher. Trotzdem vorsichtig sein mit dem Kühlen – es kommt hier auf die Aussentemperaturen und Wetterbedingungen an.

Man sollte also als Reiter versuchen so in die Kontrollen rein zu reiten, dass sich das Pferd schnell regenerieren kann. Bei Vet-Checks oder Vet-Gates kann man einen Zeitgewinn gegenüber anderen Pferden heraus holen, da die Zeit, die man braucht um auf 64 Pulswert zu kommen auf die Reitzeit geht. D.h., wenn 2 Pferde gleichzeitig im Vet-Gate ankommen und das eine Pferd braucht 4 Minuten und das andere 9 Minuten um auf 64 zu kommen, geht das Pferd, das nur 4 Minuten gebraucht hat 5 Minuten früher aus dem Vet-Gate heraus – dieses Pferd hat jetzt einen 5-minütigen Vorsprung gegenüber dem anderen Pferd.

 

Der Ridgeway oder HRRI
Bei langen Ritten wird häufig in den Vet-Gates der sogenannte Ridgeway oder Heart Rate Recovery Index Test (HRRI) von den Tierärzten benutzt – d.h., wenn das Pferd in das Vet-Gate kommt und der Puls 64 oder niedriger ist, wird die Zeit gemessen, das Pferd sofort ca. 30 – 40 m hin und her getrabt (Lahmheitskontrolle) und genau 1 Minute nach dem Lostraben wird der Puls nochmals gemessen. Normalerweise ist der zweite Pulswert der Gleiche wie der Erste – 64 oder weniger – mit einer Abweichung von 4 Schlägen von oben nach unten, z.B. 60/64 oder 60/56. Wenn ein Pferd 8 Schläge mehr hat, sollte man vorsichtig sein und wenn der zweite Wert 12, 16 oder 20 mehr Schläge hat, ist wahrscheinlich ein Problem vorhanden und das Pferd muss gründlich durchgecheckt werden. Hierbei werden die Tierärzte auch überlegen, ob das Pferd nicht besser aus dem Wettbewerb genommen werden sollte. Dieser Test wird häufig 10 Minuten vor dem Ausreiten nochmals durchgeführt, um zu vermeiden, dass überforderte Pferde wieder auf die Strecke gehen. Von sich selber weiss man, dass, wenn man Schmerzen hat oder ermüdet ist und man dann los rennt, der Puls viel schneller in die Höhe geht, als wenn man sich wohl fühlt – das Gleiche gilt für die Pferde.

 

Der Pulswert als Auswertungskriterium
Bei tempobegrenzten Ritten werden die Pulswerte oft zur Auswertung der Plazierungen herangezogen. Sie werden auch häufig mit einbezogen bei der Auswertung von Konditionspreisen, ebenso die Erholungszeiten in den Vet-Gates und im Ziel.
Beim Distanzritt oder beim Training erfährt man beim Messen der Pulswerte viel über die Kondition und die Regeneration des Pferdes – jeder Reiter kann das lernen und es kommt den Pferden zu gute, wenn man das Pulsmessen richtig kann.

 

Dr. Juliette Mallison